Ich kann mir nicht vorstellen jemals wieder anders zu arbeiten. Und das ist als Autor auch gerade das Problem: Ich bin nämlich mehr als nur befangen und oute mich hier gleich als Fan der Holakratie. Dieser Artikel hat jedoch den Anspruch, echte Einblicke in unseren Alltag zu gewähren. Wir wollen bewusst keine durch Holakratie-Evangelisten schöngefärbten Darstellungen transportieren. Die Ausführungen und Einschätzungen in diesem Artikel stammen deshalb ausschliesslich von 10 Mitarbeitenden. Ich habe sie vorgängig zu den positiven Effekten befragt und ihre Aussagen zusammengefasst:
Für die meisten unserer neu dazugestossenen Kollegi:nnen war die Neugier auf diese neue Organisationsform und Arbeitsweise nicht gerade der Hauptgrund, aber sicherlich ein sehr gewichtiges Kriterium bei der Zusage für ein Engagement bei der Nexplore.
Freude machen zum Beispiel unsere Meetings hinsichtlich des operativen Geschäfts. Wir nennen sie Tacticals. Die Mitarbeitenden schätzen daran, dass keine Anwesenheitspflicht besteht. Jene, die teilnehmen, sind da, weil es sie interessiert und ihnen etwas bringt. Das Meeting selbst ist sehr strukturiert und effizient. Keine langen Reden und (Selbst-) Darstellungen. Kein Gefühl, einfach «Zeit absitzen» zu müssen, während man im Hinterkopf immer daran denkt, was alles Dringenderes noch zu erledigen wäre, vielmehr ein «cool, das ging jetzt flott und wir konnten sehr viel klären». Oft hören wir im Check-out, dass Menschen jetzt mehr Energie haben als vor dem Meeting.
Freude macht zum Beispiel auch die Tatsache, dass wir alle gleich sind. Wir unterscheiden uns in der Macht und Verantwortung unserer Rollen und wir sind auch unterschiedlich bezüglich Erfahrung, Kompetenzen oder Alter. Aber wir sind gleich, was Inputs anbelangt. Ein Input z.B. einer lernenden Person wird auf die genau gleiche Weise prozessiert – wir nennen das so – wie ein Input z.B. eines ehemaligen Geschäftsleitungsmitgliedes mit viel Erfahrung. Wenn der Vorschlag Sinn macht, Hürden beseitigt, uns weiterbringt und uns potenziell nicht schadet, dann wird er angenommen. Safe enough to try heisst die Devise. Es ist dabei egal, von wem der Vorschlag kommt und auch egal, ob das jemand aus persönlichen Gründen «unschön» findet. Stichhaltige Argumente zählen.
Freude macht die Empfindung, dass Teams in der Holakratie natürlich funktionieren. Menschen organisieren sich selbst aufgrund klarer Strukturen und geregelten Machtverhältnissen. Sie können so frei und flexibel im durch die Holakratie festgelegten Rahmen arbeiten. Man wird nicht kontrolliert und das fühlt sich gut an. Oft werden wir gefragt, ob das denn nicht ausgenutzt wird. Die Antwort der befragten Menschen: «Nein wird es nicht. Wir haben alle ein Interesse daran, dass wir das Beste geben und dieses System, das uns diese Freiheiten gewährt, noch lange weiterbesteht.».
Die Beschreibung der Sonnenseiten unserer Holakratie ist natürlich nicht abschliessend. Unseren Platz an der Sonne haben wir uns hart erkämpft. Wir sind uns bewusst, dass sich das lebensspendende und wärmende Licht der Sonne bewegt. Und so bewegen wir uns mit: neugierig, energetisiert und gespannt auf die Dinge, die uns die Holakratie noch lehren und schenken wird.